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Prägende Personen

Johann Jakob Wehrli, Pädagoge (1790 – 1855)

Johann Jakob Wehrli war sozusagen der Thurgauer Pestalozzi. Er stammte aus Eschikofen. Als Sohn des Schulmeisters liess er sich zum Landschullehrer ausbilden. Zunächst arbeitete er als Schulvikar in Leutenegg (Gemeinde Schönholzerswilen). Von 1810 – 1833 wirkte er als Lehrer der Armenschule an Philipp Emanuel von Fellenbergs Institut Hofwil in Münchenbuchsee BE. Er verband den Unterricht mit Handarbeit. Nach dem Hofwiler Vorbild nannte man vergleichbare Versuche in Europa fortan "Wehrli-Schulen". 1833 berief ihn der thurgauische Erziehungsrat zum ersten Seminardirektor des Lehrerseminars Kreuzlingen. 1839 errichtete er innerhalb des Lehrerseminars eine landwirtschaftliche Knabenschule. Bis weit in die 1840-er Jahre war Wehrli die anerkannte Leitfigur in der thurgauischen Bildung. In Guggenbühl (Gemeinde Andwil) gründete er 1853 ein privates Erziehungsinstitut und realisierte damit eine Idee, die Johann Heinrich Pestalozzi schon bei seinem Versuch auf dem Neuhof vor Augen hatte. Sein auf Anschaulichkeit basierender, gestuft angelegter, sich stetig entwickelnder Schulunterricht sowie die landwirtschaftliche Ausbildung für künftige Lehrkräfte wurden später skeptisch beurteilt. Wehrli war Vorstandsmitglied der Thurgauischen Gemeinnützigen Gesellschaft sowie 1835 Mitgründer und Präsident der kantonalen Landwirtschaftlichen Gesellschaft. In Eschikofen steht ein Gedenkstein.

Johann Jakob Wehrli

Johann Jakob Christinger, Theologe (1836-1910)

Johann Jakob Christinger war ein Bauernsohn aus Langenhart. Er liess sich zunächst zum Primarlehrer ausbilden und absolvierte anschliessend ein Theologiestudium in Zürich und in Jena. Von 1862 – 1865 wirkte er als Pfarrer in Matzingen, von 1870 – 1874 als Pfarrer in Arbon und von 1875-1910 als Pfarrer in Hüttlingen, ab 1898 als Dekan. Weiter war er Mitglied des Kirchenrates. Dazwischen, von 1865 – 1870, war als Lehrer und teils als Rektor der Kantonsschule Frauenfeld tätig. Ein Grabstein an der Kirche erinnert an den „Decan in Hüttlingen“. Eine politische Karriere blieb Christinger verwehrt. Als Sympathisant von Eduard Häberlin unterlag er 1869 in der Volkswahl zum Regierungsrat dem späteren Bundesrat Fridolin Anderwert. Im gleichen Jahr wurde Häberlin als Ständerat abgewählt. Die Ämterkumulation (genannt das „System Häberlin“) wurde ihm zum Verhängnis. Eine zweite Regierungsratskandidatur Christingers scheiterte ebenfalls. Die Wahl zum Staatsschreiber lehnte er ab. Als Erzieher war Christinger sowohl Johann Heinrich Pestalozzi als auch dem Entwicklungstheoretiker Herbert Spencer verbunden. Er erwarb sich insbesondere Verdienste als Historiker (u.a. 1875 Biographie Thomas Bornhausers), Schriftsteller und Sozialpolitiker: Zudem war er langjähriger Präsident der Thurgauischen Gemeinnützigen Gesellschaft und von 1880 - 1885 Redaktor der "Schweizerischen Zeitschrift für Gemeinnützigkeit".

Johann Jakob Christinger
Bild: Staatsarchiv des
Kantons Thurgau​​​​
Grabstein bei der Kirche Hüttlingen

Jakob Albert Scherb, Jurist und Politiker (1839 – 1908)

Jakob Albert Scherb war der Sohn des damaligen Mühlenbesitzers in Hüttlingen. Er absolvierte juristische Studien in Zürich, München und Paris. Zunächst war er in Bischofszell als Anwalt tätig, später als Vizestatthalter in Bischofszell sowie Bezirksgerichtsschreiber in Arbon und Bischofszell. Von 1866 – 1869 wirkte er als Vizestaatsanwalt, von 1869 – 1889 als Staatsanwalt und von 1889 – 1899 als Bundesanwalt. Parallel dazu machte er eine steile politische Karriere als Kantonsrat, Nationalrat und Ständerat. Den Ständerat präsidierte er im Jahr 1887/1888. Er war Mitglied der Expertenkommission für das schweizerische Strafrecht und für das Zivilgesetzbuch. Als Bundesanwalt und somit Chef der im Jahr 1889 geschaffenen politischen Polizei geriet Scherb in die Kritik. Gründe waren sein Umgang mit dem Asylrecht und die Tatsache, dass die Stelle des Bundesanwalts als unvereinbar mit dem Ständeratsmandat betrachtet wurde. Weiter hatte er Verwaltungsratsmandate bei der Thurgauischen Hypothekenbank, der Thurgauer Kantonalbank und der Schweizerischen Nationalbank inne. Den Bankrat der Kantonalbank präsidierte er von 1900 – 1908.

Jakob Albert Scherb Bild: Staatsarchiv
des Kantons Thurgau

Oskar Kollbrunner, Schriftsteller (1895 – 1932)

Oskar Kollbrunner pendelte zwischen Hüttlingen und New York. Er wuchs in Hüttlingen auf. Nach der abgebrochenen Ausbildung zum Primarlehrer am Lehrerseminar Kreuzlingen wanderte er in die USA aus. Sein kümmerliches Leben als «Tramp» verarbeitete er literarisch in Gedichten ("Wolkenkratzer und Schweizer Heimweh" 1925) und Erzählungen ("Treibholz" 1927, "Die Schenke des Mister Bucalo" 1927), die zunächst dem Expressionismus, ab 1923 der Neuen Sachlichkeit verpflichtet waren. Seine Neue-Welt-Gedichte werden als ein bedeutender Beitrag zur deutschen Grossstadtlyrik betrachtet. Später arbeitete er bei der Amerikanischen Schweizer-Zeitung und war kurze Zeit Hilfssekretär des Schweizer Konsulats in New York. Nach dem Tod seiner Frau kehrte er 1928 nach Hüttlingen zurück. 1929 erschien der Gedichtband «Geschenk der Stille». Er starb 37-jährig. Das schmiedeiserne Grabkreuz steht an der Ostwand der Kirche Hüttlingen und trägt den vom Dichter eigens hiefür verfassten Spruch: «Lasst keinen ahnen, was ich war, Was ich gelitten, bis zur Stund’, Da seltsam ich zur Frucht gedieh. Aufleuchtend in des Werkes Rund. Sei alles an mir – Poesie.»

Oskar Kollbrunner Bild:
Staatsarchiv des Kantons Thurgau
Grabkreuz an der Ostwand der Kirche Hüttlingen

 

 

 

 

 

 

 

 

Catherine Debrunner (1995), Spitzensportlerin

Catherine Debrunner (1995) ist Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin, sowie Weltrekordhalterin im Behindertensport. Sie gilt als „schnellste Rollstuhlsportlerin der Welt“. Sie stammt aus Mettendorf und sitzt wegen eines Tumors an der Wirbelsäule bereits seit Geburt im Rollstuhl. Sie hat ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben und setzt nun als Profi ganz auf den Sport. Aktuelle Informationen über Catherine Debrunner finden sich bei Swiss Paralympic

Empfang in Hüttlingen für Catherine Debrunner nach den Paralympics 2021 in Tokio. Ebenfalls geehrt wurde der Reiter Philipp Zehnder (hinten).